Lektorat für Kulturwissenschaften
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Dr. Julia Katharina Koch

Freiberufliche Archäologin / Lektorat für Archäologie

Aktuelle Projekte und Forschungsinteressen

Aktuelle Vorträge

Omphalosschale und Opfermesser. Eine archäologische Stellenbeschreibung für Priester*innen in der europäischen Eisenzeit
FemArc-Tagung 2021 „Geschlecht macht Arbeit!“, Linz, 2. Oktober 2021
Priesterliche Ämter werden im (prä)historischen Kontext als unverzichtbare Machtpositionen gesehen, bei denen sich die Art der Amtsausübung unmittelbar auf die (In-)Stabilität von Gesellschaftsstrukturen auswirken kann. Als Arbeitsstelle mit einem vielfältigen Aufgabenkatalog werden sie hingegen kaum betrachtet. So werden Priester*innen in Rekonstruktionen prähistorischer Gesellschaften überwiegend bei Opferhandlungen dargestellt. Als Problem stellt sich heraus, dass eine Identifizierung von Personen mit einem sakralen Amt in Kulturen ohne Schriftquellen mit vielen Schwierigkeiten behaftet ist. Zudem können Priester*innen weitere Aufgaben nicht-sakraler Art innehaben. Nur wenige Objekte können mit rituellen Handlungen in Verbindung gebracht werden, wie am Fallbeispiel der hallstattzeitlichen Gräbergemeinschaft des Magdalenenbergles bei Villingen (Schwarzwald-Baar-Kreis, Deutschland) gezeigt werden kann. Ein Überblick zu eisenzeitlichen Gräbern in Mitteleuropa, die als Gräber von Priester*innen oder anderen Sakralpersonen interpretiert werden, zeigt allerdings, dass dabei manche Objekte je nach Geschlecht der Bestatteten rituell oder profan gedeutet wird. Mit einem Exkurs in die schriftliche Überlieferung des mediterranen Raumes soll diskutiert werden, welche Objekte mit rituellen und sakralen Handlungen in Verbindung gesetzt werden können. Dies soll als Hilfestellung dienen, auch für mitteleuropäische Gräber einen neuen Interpretationsansatz zu finden.

Das war schon immer so? Eine veränderte Perspektive auf die Kontruktion von Geschlchterrollen in der Archäologie
MIND-Akademie 2021 „Wandel“, Mannheim, 23.-26. September 2021
Lange wurden Frauen in prähistorischen Zeiten übersehen und marginalisiert. Seit kurzem wird in den Medien hingegen jeder Befund, der von jagenden und kämpfenden Frauen zeugt, mit Erstaunen präsentiert, teilweise hochgejubelt.
Das eine wie das andere vermittelt ein Bild der Vorgeschichte voller binärer Stereotype. Doch was entspricht nun der prähistorischen Realität? Wie kommen solch weit auseinanderliegende Interpretationen zustande? Um darauf Antworten zu finden, werden in dem Vortrag die Methoden der Geschlechterzuweisung der prähistorischen Archäologie sowie der prähistorischen Anthropologie vorgestellt. An ausgewählten Beispielen der Vorgeschichte Europas wird der Einfluss des gesellschaftlichen Kontextes auf die Methodenanwendung untersucht. Zudem wird die Diskussion eröffnet, welche Relevanz Geschlechterrollen der (schriftlosen) Vorgeschichte für unsere Gesellschaft hat.

The rise of social construct „patriarchy“. An introduction
Virtual EAA annual meeting 2021, session „The rise of patriarchy. An archaeological view“, 9 September 2021

Besides an introduction to the questions of the session, the paper will mainly provide an overview of the most common definitions of the term „patriarchy“. Starting point was the “Mutterrecht”-publication by J. J. Bachofen, with which he created the opposing pair of matriarchy/patriarchy. Some other scholars followed with their essays and studies. The spectrum ranges from classics such as Max Weber and Pierre Bourdieu to feminist authors such as Maria Mies. The beginning of patriarchal societies was often transferred in nebulous prehistoric periods. But studies on the development of patriarchal structures such as Gerda Lerner’s book have remained rare on the archaeological side. Thus, in his summary of world history, Yuval N. Harari has only state that most societies worldwide were “patriarchally” organised since historic times, but that neither the pathway to inequality nor the causes of the development had been understood so far. The paper wants to open the discussion in the session if and how we could identify patriarchal structures by archaeological methods. The question is also how we can avoid transferring our own ideas about patriarchy into the past and how we obstruct our view of the past by too rigid ideas about those very prehistoric conditions.

The past discovered by women. Gender and Feminist Archaeology in past and present Europe
Virtual Inter-WAC 2021, session „Wither European Archaeology?“, 1 September 2021

Since the first publications in the 1970s in Scandinavia, gender and feminist archaeology in Europe brought some changes to archaeology, making practitioners to include more female perspectives in both academic projects and our community. Following the early discussions among separate mainly female groups inside and outside of universities, from which a few publications arose, the interest about gender roles and identities in the past has steadily increased. In these years, we have achieved a lot, including a strong international network under the umbrella of the European Association of Archaeologists, the appearance of some national groups with or without formal structures in countries such as Spain and Germany and the development of a few gender-related projects funded by national or European funding agencies. Currently, gender archaeology (and to some extent feminism) has largely been accepted by most archaeologists as part of the theoretical approaches for researching the past. The discussion about the legal framework and working conditions in archaeology have begun to include a gender dimension and talking openly about sexual harassment is no longer a taboo.
However, in recent years we are noticing a backlash against feminism and women movement in Europe which is boosted by social media and that also unfortunately reaches Gender Archaeology. It is no secret that restrictions against women and LGBTQI people are precursors to assaults against all liberal-thinking (academic) groups. It is argued that the transitional period created by the pandemic should be used by gender and feminist archaeologists to discuss this situation and find a renewed position of gender in archaeology.

Dokumentarfilm „Terra X. Mächtige Männer – ohnmächtige Frauen? Neue Fakten aus der Vergangenheit“
Mit dem Film werden die aktuellen Diskussion in der Archäologie zur Geschlechterforschung aufgegriffen und an verschiedenen Fallbeispielen vom Jagdverhalten altsteinzeitlicher Gruppen über die Unterordnung von Frauen in der Bronzezeit bis hin zu der Wikingerkriegerin aus Birka vorgestellt. Ich habe mich der Aufgabe gestellt, für diesen Dokumentarfilm im Juli 2019 Rede und Antwort zu stehen und den forschungsgeschichtlichen Hintergrund zu erläutern. Ein Dank geht an die Kolleginnen  von FemArc e.V., die mich bei den Recherchen für das Interview unterstützt haben. Der Film wurde von der Regisseurin Birgit Tanner von der Gebrüder Beetz Filmproduktion Hamburg im Auftrag der ZDF- und arte-Redaktion erstellt. Ausstrahlung der TerraX-Fassung war am 12. Juli 2020.

Habilitationsprojekt
„Integration fremder Individuen in bronze- und eisenzeitlichen Gesellschaften Süddeutschlands. Eine archäologische Analyse“ im BMBF-Projektverbund „Lebenslaufrekonstruktion mobiler Individuen in sesshaften Gesellschaften“

Das Forschungsvorhaben ging der Frage nach den Wechselbeziehungen zwischen geschlechterspezifischen Mobilitätsstrukturen und dem kulturellen Wandel – ausgelöst durch einen nachhaltigen Technologietransfer – am Beispiel je eines prägnanten Gräberfeldes aus den beiden Innovationshorizonten Frühbronzezeit (Ende 3. Jahrtausend v.Chr.; Gräberfeld von Singen) und Frühe Eisenzeit (7.–5. Jahrhundert v. Chr.; Grabhügel Magdalenenbergle) in Mitteleuropa nach. Als Basis für die weiterführenden Interpretationen diente die Rekonstruktion individueller Lebensläufe anhand archäologischer und archäometrischer Daten. Letztere sind Ergebnisse aus der im Rahmen dieser Arbeit neu entwickelten archäologischen Integrationsanalyse sowie aus der multiplen Isotopenanalyse. Die Verknüpfung von natur- und geisteswissenschaftlichen Methoden ermöglichte die Überprüfung bisheriger Thesen zum Kulturwandel in den betreffenden Perioden sowie konkrete Aussagen zu individuellen Mobilitätsverhalten, die einen neuen Beitrag zur sozialarchäologischen Forschung leisten können. Die Synthese des Projektes obliegt dem archäologischen Teilprojekt.

Ausstellungsprojekt
Die Vergangenheit aufgedeckt. Frühe Archäologinnen aus Schleswig-Holstein

Mit der Wanderausstellung wird den Studierenden der CAU Kiel Vorbilder für weibliche Berufswege aus den Generationen der ersten Wissenschaftlerinnen vorgestellt. Das anhaltende Schweigen zu den Leistungen von Archäologinnen im 19. und frühen 20. Jahrhundert und die gleichzeitige Fokussierung auf ein paar wenige Ausnahmen wie die Kieler Museumsdirektorin Prof. Dr. h.c. Johanna Mestorf wird damit weiter aufgebrochen.
Das Projekt „Archäologinnen aus Schleswig-Holstein“ soll im Frühjahr 2020 die Biographien und berufliche Laufbahnen von Frauen, die entweder in Kiel promoviert wurden oder an der CAU sowie in Schleswig-Holstein gearbeitet haben, für eine breitere Öffentlichkeit aufbereiten. Focus liegt dabei auf den Leistungen und Erfolgen der Frauen sowie den Widerständen, die zu Anpassung, Umwegen und Brüchen in ihren Biographien führten. Ein Einführungstext ordnet die Biographien in die Geschichte der Frauenbildung und in die wechselnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Frauen in der Wissenschaft vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik ein.
Die Ausstellung wird 14 Roll-ups umfassen (1x Einführung, 6x Biographien, jeweils in Deutsch und in Englisch), die flexibel aufgestellt werden können. Kooperationspartner sind das Institut für Ur- und Frühgeschichte, das Institut für Klassische Altertumskunde, Abt. Klassische Archäologie und der Förderverein Archäologie Schloss Gottorf e.V. Die Ausstellung wird voraussichtlich ab 2021 im Rahmen von Veranstaltungen und Fachtagungen an der CAU sowie an verschiedenen Museen in Schleswig-Holstein präsentiert.

Publikationen
Ein aktuelles Verzeichnis meiner Publikationen finden Sie online <https://hessen-archaeologie.academia.edu/JuliaKatharinaKoch>.